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Wie wir lesen gelernt haben

Warum lesen wir eigentlich Wort-für-Wort bzw. mit kleinen Fixierungen?

Zu glauben, wir müssten jedes Wort einzeln, langsam und gründlich lesen, ist ein Überbleibsel aus der Grundschulzeit, in der wir lesen gelernt haben. Hier war es sinnvoll sich auf jedes einzelne Wort zu konzentrieren, da wir erst jedes separat decodieren mussten. Angefangen bei den Buchstaben bzw. Graphemen als Symbole, denen ein bestimmter Laut zugeordnet wird, ergaben mehrerer Laute einen Klang, welcher wiederum eine bestimmte Bedeutung für uns hat. Nach und nach konnten wir uns so selbst die Wörter vorlesen, da wir die Klänge in eine Wortbedeutung umwandeln. Das ist unsere innere Stimme, die mitliest, die sogenannte Subvokalisierung.

Subvokalisierung, die innere Stimme

Diese Methode ist hilfreich, um die Grundlagen zu erlernen, doch die Einschränkungen, die diese Technik mit sich bringt, gilt es aufzuheben. Das kleine Sichtfeld auf einzelne Wörter, die häufigen Lesefixierungen und das innere Mitsprechen hindern uns, schneller und effizienter zu lesen.

Mittlerweile haben wir schon einige Lesezeit gehabt und kennen viele Wörter, sodass wir nicht mehr jedes Wort aufs Neue auditiv entschlüsseln müssen. Wir kennen bereits genug Wörter und erkennen deren Sinn und Bedeutung rein visuell. Wir haben eine Art inneres Wörterbuch, ein graphemisches Lexikon, über die Zeit aufgebaut, auf das wir zurückgreifen können. So können Worte und Wortgruppen erfasst werden, bevor wir sie in einen Klang umwandeln.

Visuelles Lesen, Worterfassung

 

Doch wir halten gewohnheitsmäßig an der Wort-für-Wort Fixierung fest, wie auch an der Subvokalisierung, der inneren Stimme. Es ist eine Konditionierung auf die lautliche Textverarbeitung, die wir einst brauchten, da wir noch keine Wörter kannten.

Diese Entwicklungsstufen des Lesens, haben uns auf das “Sprechlesen” konditioniert. Da wir jedoch viel schneller denken als sprechen können, begrenzen wir uns selbst.

Subvokalisierung

Es gibt somit zwei Wege des Lesens. Zum einen den auditiven (phonologischen) Weg, bei dem wir uns Wörter selbst innerlich vorsprechen müssen. Zum anderen den visuellen (lexikalischen) Weg, bei dem wir die Wortbedeutung rein visuell erfassen, indem wir auf uns bereits bekannte Wörter zurückgreifen. So können mehr Bedeutungseinheiten auf einmal erfasst werden, was das semantische Verständnis erhöht.

Der trainierte Leser nutzt beide Wege der Texterfassung, um Informationen schneller aufzunehmen. Über den visuellen Weg kann unser Gehirn mehrere Wörter gleichzeitig verarbeiten, sodass wir effizientere Lesefixierung setzen können bzw. weniger Fixierung pro Textzeile benötigen. Wir müssen lediglich den Input über die Augen zum Gehirn erhöhen. Es lohnt sich das Lesen noch einmal auf’s Neue zu lernen.

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